close your eyes
 
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weblog theme, part 7


His eyes were open and empty. There was nothing behind them, and their vacancy hurt me. She should close them, I thought to myself. She should close his eyes. I lifted my hands in a meaningless gesture.

Siri Hustvedt - What I Loved (pb. p. 247)


 
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Klagenfurt


Den diesjährigen Wettbewerb habe ich mir ausnahmsweise auch mal auszugsweise reingezogen. Der Siegertext von Uwe Tellkamp war nicht mein Ding, obwohl er natürlich der Sprachmächtigste war. Er schien geradezu für die Kritiker geschrieben. Rezept: Erzähle die deutsche Geschichte des 20. Jahrhunderts im Rückwärtsgang in opulentem joyceschem stream of consciousness eingebettet in den Straußschen Rosenkavalier in einer Tram, die durchs Elbvenedig Dresden fährt und montier noch einen Slapstick mit einer Handgranate ein, deren Detonation Schokolade (Leitmotiv!) auf die Soldaten verspritzt. Alles fast ohne Gegenwartsbezug, aber sehr barock ausgestattet. Wenn das die Zukunft der deutschen Literatur ist, dann können wir die Uhr gleich 150 Jahre zurückstellen.

Wolfgang Herrndorfs (Jahrgang 65) Diesseits des Van-Allen-Gürtels hat mich (und die Internetgemeinde) am meisten berührt. Der Ich-Erzähler, ein noch nicht erwachsen gewordener Mann (Mittdreißiger?) zerstört brutal die Kosmonautenberufsträume eines Dreizehnjährigen. Es endet mit einer Art Satorierlebnis des Erzählers im Mondschein. Völlig unkitschig, eine Individuation, eine Steinwerdung. Laut Spon sind die Höflichen Paparazzi mitverantwortlich für seinen ersten Platz beim Publikumspreis. Ich konnte keinen Wahlappell auf der Seite finden. In jedem Fall hat er den Preis verdient. Und sein Roadmovie-Roman In Plüschgewittern hat mich letztes Jahr begeistert.

Die andere Geschichte, die mich mitgerissen hat bei diesem Vorlesewettbewerb war Baader braun von Richard David Precht (Jg. 64). Von den Kritikern wegen kleinerer Ungenauigkeiten niedergemacht, hat mich diese schauspielerreif vorgetragene Story über den deutschen Herbst von 77 doch sehr beeindruckt. Die Überblendung von Heinemann-Briefmarken mit Terroristenfahndungspostern und den pubertären kleptomanischen Aktivitäten des Ich-Erzählers im familiären Untergrund fand ich faszinierend und originell. Ich war zu der Zeit des "Showdowns" in Mogadischu gerade mit meinen Eltern bei Verwandten in der DDR. Es war ein düsterer Herbst in Deutschland, auch vom Wetter her.

Guy Helminger (mein Jahrgang) aus Esch sur Alzette war auch gut. Sein Text (der auch nen Preis kriegte) über einen Stalker, der einem weiblichen Verkehrsunfallsopfer hinterhersteigt, hat mich sehr an Dürrenmatt erinnert. So abgründig-boshaft-pathologisch kann man nur in Nichtländern, wie Luxemburg oder der Schweiz schreiben, die ihre Existenzberechtigung dadurch begründen, dass sie für die Geldindustrie die heile Welt vorgaukeln.


 
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Wann bringt er sich endlich um?


die sprache macht mich ziemlich fertig, ich kann damit nich wirklich umgehen

Der bis jetzt einzige Kommentar (kann man dieses hilflose Gestammel wirklich so bezeichnen?) im Werther-Weblog bis jetzt, das am 3. April startete. Dagegen ging bei unserem Minima Moralia-Weblog am Anfang ja wirklich die Post ab. Und es läuft und läuft und läuft... Auch wenn es nicht immer um Theodorius geht. Und wir eigentlich nur noch zu zweit sind.

P.S. Bei der Italienischen Reise sieht es nicht besser aus. Armer Goethe. Oder armes 21. Jahrhundert?


 
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I don't care whether you leave me or not, but don't you be around when you can't be nice to me any longer!

Nusi to András in Vizinczey's In Praise of Older Women


 
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Eric Rohmer alias Gilbert Cordier alias Jean Marie Maurice Scherer


Gilbert Cordier: Élisabeth (1946) Eric Rohmer: Elisabeth (deutsche Übersetzung 2003)

1946 hat Eric Rohmer unter seinem ersten Pseudonym Gilbert Cordier das Buch Elisabeth bei Gallimard rausgebracht. Dieses Buch ist kürzlich ins Deutsche übersetzt worden und unter dem Namen Eric Rohmer bei Rogner & Bernhard im Dezember letzten Jahres erschienen und in einem kleinen Zirkel als Wiederentdeckung gefeiert worden.

In Frankreich war der wahre Autor von Elisabeth offensichtlich schon länger bekannt. Es hat aber kein gallischer Hahn danach gekräht. Eine Neuauflage unter dem bekannten Pseudonym Eric Rohmer gibt es jedenfalls nicht. Auch Eric Rohmer selber scheint nicht besonders viel von seinem ersten Roman zu halten bzw. hat ihn vergessen. In einem Télérama-Interview anlässlich der Veröffentlichung der Contes moraux und Comédies et proverbes auf DVD sagte er, dass er ihn weder noch einmal gelesen noch überhaupt aufbehalten hat. Befremdlich wirkt seine Aussage, dass er versucht hat, einen Nouveau Roman bevor er in Mode kam zu schreiben und stark von Faulkner und Hemingway beeinflusst war. Das ist sowieso schon mal eine sehr unwahrscheinliche und eigentlich inkompatible Mischung.

Zudem hat das Buch mit leblosen Gegenständen bzw. Vollblutmachos nun absolut gar nichts zu tun. Wir sind im Marnetal nahe Paris im letzten Sommer vor dem zweiten Weltkrieg. Verschiedene Jugendliche gehen zusammen schwimmen im Fluss und kommen sich näher. Die Hauptperson ist für meinen Begriff Bernard, der Sohn von Elisabeth, der gerade sein Bac gebaut hat.

Am Besten gefallen mir die vor erotischer Spannung prickelnden Szenen, insbesondere die, wo Bernard und Huguette sich im Sommerregen unter Baumkronen gegenüberstehen und über belanglose aber sehr situationsbezogene praktische Dinge unglaublich natürlich und realistisch reden. Nachdem er vorher schon ziemlich nass geworden ist. Und sich dann das Hemd auszieht während sie sich in ihren Anorak hüllt. Vorher hatte er Huguette beim Schwimmen in der Marne kennengelernt. Nachdem er sie fast beim Überholen gerammt hatte.

Faszinierend an diesem so langsam träge dahinplätschernden Roman ist, dass es unter der Oberfläche gärt. Von den Vorboten des zweiten Weltkrieg ist absolut nichts zu merken, aber zwischen Bernard und den Mädchen tut sich was. Erstaunlich wie Rohmer hier während des Krieges ein derartiges Idyll beschreibt. Nur die Existenz des Autos, das auch fast zu einem Unfall führt und in dem Bernard fast Jacqueline verführt, hat etwas Modernes. Ansonsten bewegen wir uns in einer zeitlosen Szenerie. Rohmer war auch schon damals völlig jenseits jeglicher Zeitströmungen und hat sein Ding durchgezogen. Sein klassisches Ding. Das Verhältnis zwischen Mann und Frau im geschlechtsreifen Alter. Wie sie es nicht tun und nicht darüber reden und doch miteinander reden und es durch das Reden miteinander dann doch tun.

Etwas schwerverdaulich fand ich die seitenlangen Beschreibungen der Orte, der Settings, der Natur. Da hat jemand bereits das Auge einer Kamera.

Dieses Buch muss unbedingt verfilmt werden. Rohmer selber wird es wohl kaum noch tun, wer wird sich an diesen Stoff wagen?

Rohmer auf dem Buchdeckel:

Dass ich die Geschichten, die ich filme, auch 'schreiben' könnte, ist sicherlich wahr. Der Beweis ist, dass ich sie tatsächlich geschrieben habe: vor langer Zeit, als ich das Kino noch nicht für mich entdeckt hatte.

Leseprobe im Perlentaucher: Eric Rohmer: Elisabeth, Teil 1

P.S. Ich glaube das Buchdeckelzitat bezieht sich nicht auf Elisabeth. Sondern auf die Contes moraux. S.a. obiger Téléramainterviewlink.


 
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Waiting for a superman


An anecdote, too nice too be true as we say in German:

Bernard's book is organised alphabetically, according to characters' first names: Godot comes after George Smiley. There are several apocryphal stories about where Beckett got the name from. One is that he was in a town through which the Tour de France had recently passed, and came across a group of people standing expectantly on a street corner long after the cyclists had disappeared. He asked them what they were doing. 'Nous attendons Godot,' they replied, explaining that Godot was the oldest and slowest competitor in the race.

LRB | Thomas Jones : Short Cuts in a review on 'Madame Bovary, c'est moi': The Great Characters of Literature and Where They Came From by André Bernard


 
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Paul Auster and the unconscious


The beginning of Sean O'Hagan's insightful article on meeting the author of Oracle Night in The Observer (via g3rm):

A friend who lives in New York once told me about a surreal Sunday morning he had spent wandering around the Park Slope area of Brooklyn a few years ago. While searching for a place to have brunch, he noticed that there were 'all these pieces of A4-sized paper pinned to the trees and signposts'. They read, 'Where is Paul Auster?' 'It was,' my friend said, 'like wandering into the plot of a Paul Auster novel.'

 
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Tragik des modernen Menschen


Er wollte etwas tun, etwas verändern. Aber jene, die verstanden, veränderten nichts. Und jene, die etwas veränderten, verstanden nichts. Dabei war David sich nicht einmal sicher, ob er etwas verstand. Er war sich nur sicher, daß er nichts verändern würde.

Peter Stamm - Alles, was fehlt aus dem neuen Erzählungsband In fremden Gärten

Das war aus einer der drei Geschichten, die Peter Stamm heute abend im Literaturhaus Frankfurt im Westend mit einem ganz klitzekleinen Schweizer Akzent (er kommt aus einem kleinen Ort nahe dem Bodensee) vorgelesen hat. Es war so voll, dass wir als latecomer im Foyer sitzen mussten und Stamm nur auf einer Leinwand sehen konnten, auf die seine Lesung über eine Kamera übertragen wurde. Dafür war es umsonst.

Die oben zitierte Passage ist in gewisser Weise typisch für Stamm. Sie balanciert ganz haarscharf am Abgrund der Banalität entlang. Ist aber letzten Endes genial in ihrer schlichten Wahrheit. Ein bisschen erinnert mich Stamm's Tanz am Rande des Trivialen an Neil Young's Beziehung zum Kitsch. Lieder wie Heart of Gold, A Man Needs a Maid oder Words (alle von Harvest) mögen als schmalzig und affektiert erscheinen. Sie sind es aber glaube ich nicht. Neil Young ist wirklich so. Er konstruiert da nichts fürs Publikum. Er macht die Musik für sich. Vielleicht auch als Selbsttherapie anstatt einer Psychoanalyse. Und er ist sich nicht zu schade dazu, seine innersten Gefühle mögen sie noch so klischeehaft sein, nach außen zu kehren.

Die interessanteste Frage war die nach der Methode, wie Stamm seine Romane und Erzählungen schreibt. Und die Antwort war eigentlich klar. Er geht von irgendeinem Detail aus (ein Ort, eine kleine Begebenheit etc.) und spinnt dann weiter ohne selber zu wissen, wo die Sache hinläuft. Früher hat er wohl versucht, Romane zu planen mit exakten Vorgaben in welchem Kapitel die Hauptfigur sich verliebt. Das hat ihn aber dann sofort gelangweilt. Er braucht den Kick des ungewissen Ausgangs einer Geschichte. Ansonsten schreibt er sie nicht. Das merkt man gut bei Das Experiment im neuen Buch. Wo mich das Ende auch etwas überrascht hat.


 
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Paul Auster - Oracle Night


The capsule review of the new Paul Auster in The New Yorker sounds like a return to form plot wise:

A writer recovering from a mysterious life-threatening illness begins to write in a notebook that has, it seems, the supernatural power to draw him into the very story he is writing. And the story, as it happens, is a reworking of Dashiell Hammett’s idea about a man who, after nearly dying, flees a comfortable family life. ...

And I haven't even started The Book of Illusions which came out in 2002. Can it be that Auster has accelerated his writing pace? I surely have slowed down my reading speed of his books. To be honest none of his novels after The Music of Chance impressed me much.


 
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Looking forward to


Donnerstag, den 15.1.2004 liest Peter Stamm im Literaturhaus Frankfurt. Ich werde höchstwahrscheinlich da sein. Seine Kurzgeschichten sind mindestens so gut wie die von Raymond Carver, finde ich.


 
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