close your eyes
 
[it's the economy, stupid]

was passiert eigentlich mit dem casino, wenn die bank pleite ist?


mal wieder in doomsday mood. ab sofort wird nur noch auf baisse gezockt. die aktienkurse rauschen ab, der ölpreis rauscht ab, der euro rauscht ab. da ist eine befürchtete rezession nur noch ein vorgeschobenes argument. die war doch schon lange in die aktienkurse eingepreist. wieso verdammt nochmal verliert der euro gegenüber dem dollar? es sind doch die amis, die sich wie die irren beim rest der welt verschuldet haben, den anderen schrottpapiere angedreht haben, über ihre verhältnisse gelebt haben. die leitbankzinsen sind in euroland höher als in den usa. also müsste der euro attraktiver als der dollar sein. die wirtschaftlichen aussichten auch nicht unbedingt schlechter. jetzt wird argumentiert, es wäre die uneinigkeit der europäischen politiker. das ist doch alles humbug. die ezb macht eine stabilitätsorientierte währungspolitik wie keine andere zentralbank der welt und jetzt so was. der ölpreis auch ein witz. bis vor kurzem noch bei 150 dollar, jetzt knapp über 60. so stark wird die nachfrage auch nicht einbrechen. diese hohen volatilitäten sind dabei den märkten den hals zu brechen. es gibt keine realistischen preise mehr. alles nur noch hysterie und knallhartes gezocke. rational sind im moment nur die, die auf den untergang wetten. der kapitalismus frisst sich selbst auf. bei einem system, dass den egoismus der einzelnen so aggregieren soll, dass der wohlstand aller erhöht wird, eigentlich auch nicht so wahnsinnig überraschend. ein glaube fast so naiv wie der an den kommunismus. am ende werden es alle gewusst haben, dass es nicht gut gehen konnte damit. eigentlich überraschend, dass der kapitalismus so lange überlebt hat.


 
 

Ich bin entsetzt. Der Kapitalismus ist nicht der Grund, er ist nur der institutionelle Rahmen, in dem sich dieses alles abgespielt hat.

Wenn das Stück schlecht ist, können die Bühnenbretter meist wenig dafür.

Vergiß niemals: Es ist Verkehr für alle da!

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ich glaube nicht, dass es so einfach vom tisch ist.

wenn ich mir anschaue, auf welche menschlichen antriebe der kapitalismus setzt, dann sehe ich dort von sieben todsünden fünf. hochmut, neid, habgier, unmässigkeit, genusssucht. nur trägheit und wut sind ihm schwierig unterzuschieben. diese fünf fasst man dann unter dem abstrakten begriff 'nutzen' zusammen.

ein system, das auf dem schäbigen im menschen ruht, kann funktionieren. es wird vermutlich sogar grossartig funktionieren, weil auf vorhandensein von schäbigkeit verlass und schäbigkeit im kapitalismus nützlich ist. aber es wird nie kultiviert sein, nie menschlich, nie schön.

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Ich weigere mich ein wenig, es immer nur auf das System abzuschieben.

Und Systeme, die alle Todsünden per Gesellschaftsvertrag ausschließen, sind gnadenlos gescheitert.

Kapitalismus ruht nicht auf Todsünden, sondern auf der Freiheit des Einzelnen. Es gibt natürlich Irrwege. Der aktuelle taugt sicherlich nicht dazu, Symbol zu sein.

Die unsichtbare Hand könnte durchaus auch hier walten, allerdings sind die sozialen Kosten wohl etwas zu hoch. Es geht hier doch nicht um Kapitalismus per se, sondern um die Frage, ob das Modell der Banken gescheitert ist. Das muss man wohl bejahen. Aber das System der Eigennutzsteigerung mit dem Ergebnis einer höheren Wohlfahrt für alle, das hat nun weiß Gott seine Daseinsberechtigung.

Und die Todsünden sind ja nur deshalb Todsünden, weil sie der menschlichen Seele so nah sind.

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du hast recht, wenn du sagst, die todsünden seien uns nah und erst einmal systemneutral. deswegen kann man uns bei ihnen ja auch so grossartig packen. deswegen taugen sie als antrieb so gut. aber es gibt da noch eine andere frage, die wirklich zutiefst mit ‚dem system’ zu tun hat. sind in einem system unsere schwächen etwas, das überwunden gehört, oder ganz im gegenteil gepflegte und geschätzte motivation und ziel? ist es grundlage oder übel? ich finde das einen nicht unbedeutenden unterschied. wenn es grundlage ist, ersetzen wir freiheit durch egoismus. das ist nicht mein freiheitsbegriff. ich halte egoismus für gänzlich unemanzipatorisch.

diese eigennutzsteigerung mit dem ergebnis höherer wohlfahrt für alle hat ja auch alex angesprochen. der gedanke geht nicht auf. ja, der egoismus des einzelnen erzeugt insgesamt ein mehr an gütern. aber das bedeutet nur, dass der ganze kuchen grösser wird. selbst neoliberale volkswirte sagen nichts anderes. es sagt nichts darüber aus, wie gross die teile sind, mit denen die jeweiligen menschen an dem kuchen teilhaben. aus dieser erkenntnis speist sich sozialethik jeglicher couleur. es gäbe diese sozialethik nicht, wenn das alles so hübsch liefe.

wenn jemand von der effizienz des kapitalismus spricht, dann spricht er vom kuchen und nicht von teilhabe. auch ein grösser werdender kuchen heisst nicht, dass alle ein genügend grosses stück bekommen. reden wir vom kuchen oder vom stück?

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Ich rede zunächst vom Kuchen, denn wenn die Stücke alle ähnlich groß wären, ist der Anreiz mehr Teig zu rühren relativ gering. Das wird wohl auch jeder liberale Ökonom bestätigen.

Ich kann mir auch keine Gesellschaftsordnung vorstellen, in der alle menschlichen Schwächen überwunden werden können. Wozu auch? Dient nicht letzlich ein Altruist zunächst seiner Selbstwertschätzung? Eigenliebe ist doch so ziemlich immer die Basis menschlichen Handelns.

"Der Egoismus spricht alle Sprachen und spielt alle Rollen, sogar die der Selbstlosigkeit." - Reflexions morales, François de La Rochefoucauld

Ich gebe allen Recht, die das Ergebnis des Handelns der Banken der letzten Jahre anprangern und zurecht die Frage nach Schuld und Sühne stellen. Ich widerspreche aber genauso jedem, der daraus eine Systemkritik ableitet. Freiheit auf Märkten ist notwendige Bedingung für Wohlfahrtssteigerungen, auch wenn es immer wieder "bumps in the road" geben wird. Rattenrennen um Rendite und Überbordwerfung aller Vernunftsprinzipien sind zunächst mal das Ergebnis verfehlter und kurzsichtiger Geschäftspolik. Man kann die Branchenstruktur hinterfragen und berechtigterweise nach Regulierung von Bereichen schreien, die das Potential zu enormen externen Kosten haben.

Alex lehnt sich gerade zurück und freut sich, daß sein Blog bebt.

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"bumps in the road"? nee, dass was da im moment abgeht, ist ein bisschen mehr als ein paar schlaglöcher in der straße. du sprichst schon so verniedlichend wie greenspan außer, dass der inzwischen eingesehen hat, dass er mit seiner niedrigzinspolitik 20 jahre lang bockmist verzapft hat und die superblase genährt hat, die uns gerade in die fresse explodiert. ziemlich erstaunlich bei einem mann in dem alter, dass er noch lernfähig ist. leider ein bisschen zu spät.

momentan treibt mich die frage um, ob der kapitalismus überhaupt zu zähmen ist. der strebt doch von haus aus nach schneller, höher, weiter. und sucht sich immer wieder neue schlupflöcher wie zweckgesellschaften und unregulierte inseln. ich glaube nicht mehr dran, dass ein paar politiker noch den deckel auf die büchse der pandora kriegen. und die aktien-, rohstoff- und devisenbörsen wohl auch nicht.

der kuchen wird kleiner werden. und die stücke auch. für alle. ich glaube, die verteilung wird etwas fairer werden. allerdings auf niedrigerem level.

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Ok, "bumps in the road" war zugegebenermassen eine recht unschöne Provokation und der akuellen Lage nicht angemessen.

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