Endlich mal ein Konzert bei dem ich nicht der Älteste im Publikum war, wahrscheinlich habe ich den Altersschnitt sogar gesenkt. Heinz Sauer, das Jazzurgestein am Saxophon, und Michael Wollny, der Jungspund am Klavier, die altersmäßig Großvater und Enkel sein könnten, harmonierten miteinander wie ein schon ewig eingespieltes Team. Die Stücke waren recht kurz, meist zwei bis fünf Minuten und hörten oft gerade dann plötzlich auf, wenn ich mich gerade reingehört hatte. Musik zum Abschweifenlassen der Gedanken. Recht freier impressionistischer und teilweise minimalistischer Jazz, der zu ECM passen würde. Virtuose Klavierpassagen, die z.T. sehr stark an Keith Jarrett erinnerten, Wollny nutzte den Innenteil des Flügels auch als Schlaginstrument, zupfte die Saiten und erzeugte quietschende bzw. scheppernde Klänge mit einem Glas, das er über die Saiten rieb bzw. auf sie stellte und dann die Tasten anschlug. Sauers ausdrucksstarkes Saxophonspiel changierte von sehr leisen, lyrischen Phrasen, die mich an einen Windhauch denken ließen, der durchs Schilf weht bis zu vollen, satten Sound-Eruptionen. Ein schöner Jazz-Abend, zu dem auch die mich durch ihr Understatement gelegentlich zum Lächeln bringenden Zwischenansagen des in seiner Sprödheit mir unglaublich sympathischen Sauer beitrugen. Die Duo-CD heißt Melancholia (Zeit-Rezension), nach einem kurzen Stück von Duke Ellington, das uns die beiden leider nicht darbieten konnten, da Sauer seine Noten verlegt hatte.